Ich habe bestimmt schon einmal (oder mehrmals) erwähnt, dass ich kein Fan von November bin. Ich wäre ihm gegenüber sicher freundlicher eingestellt, wenn ich davon ausgehen könnte, dass dann schon Schnee liegt. Tut es ja aber dank Klimaerwärmung nicht mehr unbedingt. Und dadurch ist der ganze Monat einfach nur dunkel, nasskalt und zu nichts zu gebrauchen.
Letztes Jahr habe ich kein einziges Foto draußen in der Natur aufgenommen. Wie es im Jahr davor war, habe ich bereits verdrängt. November ist für mich eine Durststrecke zwischen Herbst und Winter (Winter = Schnee, Eis, Minusgrade). Aber was tun, wenn man schon ab Mitte Oktober allein beim Gedanken an November mürrisch wird? Ist ja kein Zustand. Also habe ich mir dieses Jahr ein Projekt vorgenommen. Ich versuche, mich mit November anzufreunden und zwar über den Weg der Kamera. Irgendwo gibt es auch in diesem trüben, nassen Monat mit Sicherheit etwas Schönes zu entdecken. Wenn es keine Helligkeit gibt, muss man die Schönheit zur Not im Dunklen suchen, habe ich mir gesagt…
Und tatsächlich – kaum hatte der Monat angefangen, hat sich die Wolkendecke verzogen und den Mond freigegeben. Dank Zeitumstellung (pff!) ist es jetzt abends, wenn ich vom Zug komme, bereits dunkel. Was ich da wirklich darüber denke, lassen wir mal ungesagt, es hat aber auch praktische Seiten – ich konnte noch vor dem Abendessen schnell den Mond fotogragieren.
Jetzt fehlen nur noch Polarlichter und die Motivation in einer sternklaren Nacht das Auto zu packen und ein bisschen fernab der Stadtlichter eine gute Fotostelle zu finden. Kommt noch. Irgendwann.
Nach diesem lobenden Anfang hat sich der November auch weiterhin Mühe gegeben. Mag er mich vielleicht sogar? Haben wir uns einfach immer nur missverstanden? Scheint ja ein ganz netter Kerl zu sein…
Passend zum Wochenende hat er nicht nur einen strahlend sonnigen Herbstag hergezaubert, sondern auch dafür gesorgt, dass Jonas krank wurde und wir daher nicht wie geplant den Fußboden oben im Flur verlegen konnten. Ich konnte also ohne schlechtes Gewissen in den Wald (weit weg von allen Bazillen) und mich ganz auf’s Fotografieren konzentrieren, denn meine sonstigen Begleiter – Mama und Momo – hatten auch keine Zeit. Also habe ich das Auto in Richtung Bonäs mit seinen schönen Waldseen gesteuert, dort war ich nämlich schon eine Weile nicht mehr. Und obwohl es zuhause ca. 6 °C waren, hat mich Bonäs mit Bodenfrost empfangen. Gefrorene Dinge gehören zum Spätherbst/November für mich einfach dazu.
Am Waldsee Lusi hatte sich sogar schon eine dünne Eisschicht über die ganze Wasserfläche gelegt. Wunderschön! Und am Ufer gab es nicht nur Platz zum Laufen, sondern auch viele schöne Anblicke zu entdecken. Zumindest gibt es das für alle, die sich nicht zu schade sind, nach unten zu schauen und auch mal etwas unelegant durch das Schilf zu kriechen.
Ich kannte da heute keine Hemmungen – ich hatte ja keine Zuschauer – und da ich aus reinem Zufall mein Markoobjektiv dabei hatte, das die letzten Monate zuhause gut angestaubt ist, hatte ich allen Grund, auf dem Boden rumzukriechen.
Meine geliebten kleinen Welten – in goldenes Licht getaucht und steif gefroren, als hätten sie sich extra für mich mit Eiskristallen geschmückt. Sie haben von mir als Gegenleistung eine Menge Aufmerksamkeit und Bewunderung bekommen.
Wie erfroren lag der Wald am Seerand da. Erst als ich am Nachbarsee – Musi – ankam, habe ich bewusst das erste Geräusch gehört und bin fast erschrocken. War aber nur der Wind im Schilf.
Was für ein Luxus so nahe an der Natur zu wohnen, dass man jederzeit schnell hinlaufen oder hinfahren kann. Vor allem an solchen Tagen fühlt es sich wie ein Privileg an. Ich bin keinem einzigen Menschen (oder Tier) begegnet und hatte alles ganz für mich alleine. Die Sonne schien durch die Bäume und hat mich gewärmt, der gefrorene Sand am Seeufer knirschte unter meinen Füßen und egal wo ich hinsah, gab es etwas Schönes zu entdecken. In solchen Augenblicken bin ich mir völlig sicher, dass ich nie mehr in einer Großstadt wohnen werde.
Erst hier in Schweden, wo es überall Natur in allen Formen um mich herum gibt, habe ich das Fotografieren richtig für mich entdeckt. In der Stadt habe ich fast nie Lust zum Fotografieren. Hier gehen das Fotografieren und Naturerlebnisse Hand in Hand. Wenn ich Lust auf eine Wanderung oder einen Ausflug zu einem Waldsee habe, darf die Kamera selbstverständlich mit. Wenn ich Lust zum Fotografieren habe, ist für mich der Wald oder ein See die logische Wahl.
Ich bin zwischen den beiden Waldseen hin und her gewandert und habe die warme Herbstsonne genossen. Rein fotografisch gesehen ist der Herbst zum Fotografieren perfekt, da den ganzen Tag das Licht vorherrscht, das man sonst zur goldenen Stunde um den Sonnenauf- und -untergang herum abpassen muss. Perfekt ist natürlich vor allem, dass dieser Sonnentag an einem Wochenende lag.
Um das schöne Licht auszunutzen, habe ich mich sogar selbst vor die Kamera gewagt. Schadet ja nicht, auch von mir mal schöne Bilder zu haben.
Als die Sonne langsam hinter den Bäumen verschwand, habe ich noch kurz Moos und schöne Zweige für die Winterdekoration zuhause gesammelt und bin dann wieder Richtung Mora gefahren. Nach einer kurzen Einkaufsrunde kam ich genau zur richtigen Zeit am Siljan vorbei, um die letzten Sonnenstrahlen einzufangen.
Ich bin ein Stück am Österdalälven entlang um die Tingsnäsudde in Mora gelaufen. Um mich herum war alles in ein weiches, warmes Licht gehüllt. Der See sah fast aus wie ein Gemälde.
Die Sonne sank immer tiefer und ich konnte nicht genug davon kriegen, wie ihre letzten Strahlen durch die Bäume hindurch gefallen ist. Sieht das nicht einfach wunderschön aus? Auch bei wenigen Graden über Null wird einem doch allein von diesem Anblick kuschelig warm, oder?
Und am Ende wurde ich noch mit einem traumhaften Abendhimmel über dem Saxviken verwöhnt. Ich glaube, November und ich können doch noch Freunde werden.
Da es ja aber nicht nur solche Tage geben wird in den nächsten Wochen, sondern auch verregnete, graue Tage, an denen es nie richtig hell zu werden scheint, habe ich meine Lieblingsherbstbilder in einer Galerie versammelt. Wenn es draußen also mal wieder richtig kalt und eklig ist, dann verbreiten diese Bilder hoffentlich etwas farbenfrohe, mystische, eisige Herbststimmung. Hier geht’s lang zum goldenen Herbst.